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jollyj | 18. April 07
Die letzten Tage waren Rauschtage: Kambodscha stuerzte auf mich ein - mit all seinen Widerspruechen. Die Tempelanlagen um Angkor Wat: gigantisch. Die Muellberge an den Strassenraendern ebenso. Dazwischen die Kinder, die dich mit strahlenden Augen anlachen und "Hello!Hello!' rufen, wenn du durch ihre Strassen gehst. Dann beim Abendessen der Junge, der mit einem Korb voller Schwarzkopien populaerer Buecher am Tisch steht und nicht gehen will, der ein Buch nach dem anderen vorzeigt. Ich sagte: "No, thank you!" einmal, zweimal, wiederhole es in Khmer; schliesslich schwieg ich, senkte den Kopf und wuenschte mich an einen anderen Platz, irgendwohin, wo auf mir nicht die Last des Reichtums liegt.
Nach dem Abendessen weiter durch die Strassen, Mercedes passieren mich und die Landcruiser der NGO-Mitarbeiter, vorbei rauschen sie, draengeln sich mit schierer Groesse durch die Motomassen und ueberholen Pick-Up-Trucks, deren Ladeflaechen voll mit Menschen sind. Vielleicht sind es zwanzig, vielleicht dreissig Mann, die sich auf dem Dach draengen. Das ist nicht mehr genau zu bestimmen. Privatsphaere, der dem Westen so inne wohnende Wunsch nach eigenem Raum, ist hier nicht existent, vermutlich ist es nicht mal eine Kategorie, in der die Kambodschaner denken. Familie steht noch weit oben, hunderter kleiner Huetten am Rande der Highways, in denen drei Generationen leben bezeugen das.
Armut ist ein Problem, fuehrwahr. Es sind nicht nur die bettelnden Kinder, es sind auch die Landminen-Opfer, die mir das Land hinter dem Pomp Angkors zeigen. Mehr noch sind es die Geschichten, die mir die Menschen erzaehlen: Ein junger Mann, vielleicht dreissig sprach mich in Siaem Reap an, wir unterhielten uns und kamen schliesslich auf seine Vergangenheit zu sprechen. Mit 15 Jahren ist er vor dem Buergerkrieg gefluechtet, lebte in einem Lager in Ostthailand und als der Krieg zu Ende war und er heimkehren konnte war er zwanzig, so alt wie ich. Wie unterschiedlich koennen Lebenslaeufe sein? Wie unterschiedlich koennen Leben sein?
Banderith, der Moto-Driver, der uns drei Tage durch Angkor fuhr, fragte uns, weil wir gerade zufaellig in der Gegend waren, ob wir nicht sein Haus sehen wollten. Er konnte es nicht recht fassen, als wir bejahten, fragte etwas unsicher nochmal und nochmal und bog schliesslich ab. Seine Nachbarn gruessten ihn, die Kinder riefen seinen Namen und schauten uns zwei mit grossen Augen an. Banderith fuehrte uns durch sein Grundsteuck, eine Gelaende, in etwa so gross wie ein deutscher Kleingarten. Er zeigte uns seine Huehner und Gaense, stellte uns seinen vier Hunden vor und erklaerte uns, welche Baeume Mangos trugen und welche Jackfruit. Immer wieder entschuldigte er sich: "Its very poor. Its simple." Am Ende zeigte er uns eine Farbfotographie, die ihn und einen deutschen Regiesseur fuer den er mal gearbeitet hatte, zeigte. Er hatte uns schon zu Beginn stolz von den Dreharbeiten vor 15 Jahren berichtet. Aber das Bild war stark verwaschen und ausgebleicht. "Ich habe einen Fehler gemacht, habe sie im Regen gelassen", erklaerte er mit gesenktem Kopf waehrend er ueber die verblassten Gesichter streicht.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass dieses Bild wahrscheinlich sein einziger persoenlicher Besitz ist. Mir wurde bewusst, dass ich Teil der Widersprueche in Kambodscha bin.
Ein Foto, fuenfzehn Jahre. Waehrend in meinem Rucksack eine Kamera lag mit 500 Bildern aus drei Wochen.
Nach dem Abendessen weiter durch die Strassen, Mercedes passieren mich und die Landcruiser der NGO-Mitarbeiter, vorbei rauschen sie, draengeln sich mit schierer Groesse durch die Motomassen und ueberholen Pick-Up-Trucks, deren Ladeflaechen voll mit Menschen sind. Vielleicht sind es zwanzig, vielleicht dreissig Mann, die sich auf dem Dach draengen. Das ist nicht mehr genau zu bestimmen. Privatsphaere, der dem Westen so inne wohnende Wunsch nach eigenem Raum, ist hier nicht existent, vermutlich ist es nicht mal eine Kategorie, in der die Kambodschaner denken. Familie steht noch weit oben, hunderter kleiner Huetten am Rande der Highways, in denen drei Generationen leben bezeugen das.
Armut ist ein Problem, fuehrwahr. Es sind nicht nur die bettelnden Kinder, es sind auch die Landminen-Opfer, die mir das Land hinter dem Pomp Angkors zeigen. Mehr noch sind es die Geschichten, die mir die Menschen erzaehlen: Ein junger Mann, vielleicht dreissig sprach mich in Siaem Reap an, wir unterhielten uns und kamen schliesslich auf seine Vergangenheit zu sprechen. Mit 15 Jahren ist er vor dem Buergerkrieg gefluechtet, lebte in einem Lager in Ostthailand und als der Krieg zu Ende war und er heimkehren konnte war er zwanzig, so alt wie ich. Wie unterschiedlich koennen Lebenslaeufe sein? Wie unterschiedlich koennen Leben sein?
Banderith, der Moto-Driver, der uns drei Tage durch Angkor fuhr, fragte uns, weil wir gerade zufaellig in der Gegend waren, ob wir nicht sein Haus sehen wollten. Er konnte es nicht recht fassen, als wir bejahten, fragte etwas unsicher nochmal und nochmal und bog schliesslich ab. Seine Nachbarn gruessten ihn, die Kinder riefen seinen Namen und schauten uns zwei mit grossen Augen an. Banderith fuehrte uns durch sein Grundsteuck, eine Gelaende, in etwa so gross wie ein deutscher Kleingarten. Er zeigte uns seine Huehner und Gaense, stellte uns seinen vier Hunden vor und erklaerte uns, welche Baeume Mangos trugen und welche Jackfruit. Immer wieder entschuldigte er sich: "Its very poor. Its simple." Am Ende zeigte er uns eine Farbfotographie, die ihn und einen deutschen Regiesseur fuer den er mal gearbeitet hatte, zeigte. Er hatte uns schon zu Beginn stolz von den Dreharbeiten vor 15 Jahren berichtet. Aber das Bild war stark verwaschen und ausgebleicht. "Ich habe einen Fehler gemacht, habe sie im Regen gelassen", erklaerte er mit gesenktem Kopf waehrend er ueber die verblassten Gesichter streicht.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass dieses Bild wahrscheinlich sein einziger persoenlicher Besitz ist. Mir wurde bewusst, dass ich Teil der Widersprueche in Kambodscha bin.
Ein Foto, fuenfzehn Jahre. Waehrend in meinem Rucksack eine Kamera lag mit 500 Bildern aus drei Wochen.